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von DIEMER zu DIMMER
Etymologie eines „luxemburgischen“ Familiennamens
Wie aus den Halsdorfer Diemer die einheimischen Dimmer wurden

Georges EicherDieses vom Nationalheraldiker Marcel Lenertz gemalte Wappen hat seinerzeit Dr. Jean-Claude Loutsch, Experte in Heraldik und Genealogie, mit folgendem Text versehen: "Armoiries de la famille paysanne Dimmer, originaire de l'Eifel. Wappen der Bauernfamilie Dimmer aus der Eifel." Besagtes Wappen soll aus dem 18. Jahrhundert stammen.


Als wir Luxemburger, bis vor wenigen Jahrzehnten noch, hauptsächlich damit beschäftigt waren, den Lebensunterhalt zu verdienen – mancher Vorfahre schaffte dies nicht einmal trotz harter Knochenarbeit – kam es kaum jemandem in den Sinn, sich Gedanken darüber zu machen, woher seine Familie stammte, und schon gar nicht, wie der eigene Familienname, entstanden war. Eine solches Unterfangen wurde einst, auch noch von der Nachkriegsgeneration, zu welcher der Schreiber zählt, als eine Art Luxus wohlhabender Mitbürger wahrgenommen, die sich von mehr oder weniger professionellen Ahnenforschern einen Familienstammbaum erstellen ließen.
Wo aber soll man zu forschen beginnen, möchten wir doch unter den Vorfahren eventuell prominente Gen-Spender ausfindig machen? Und die Vorfahren väterlicherseits, deren Nachnamen man trägt, sind ja nicht unbedingt interessanter als diejenigen mütterlicherseits. Ich hielt jedenfalls, am Anfang meiner „Spurensuche“, vor allem die Schraub (Vorfahren mütterlicherseits, neben den Kneip, den Felten und den Bissener) als die verheißungsvollste der in Frage kommenden Familien: Schon Anfang des 18. Jahrhunderts, seit Beginn der österreichischen Fremdherrschaft also, besaß dieselbe zwischen Lellingen und Bockholtz (Hosingen) ausgedehnte Eichenschälwälder und hatte es über den Handel mit Lohe zu einem gewissen Wohlstand gebracht. Noch heute gibt es in Lellingen eine „Schraupegaass“, in der Tagelöhner einst in kleinen Häusern wohnten, die ihnen der Arbeitgeber zur Verfügung stellte. – Etymologisch lässt der Nachname Schraub allerdings darauf schließen, dass die ersten Träger desselben einst Schrauben, Nieten und Nägel herstellten. Und tatsächlich gab es in Lellingen auch Mitglieder jener Familie, die Nagelschmiede waren.
Die Dimmer (Nachname meines Vaters) aber hielt ich bis vor ca. einem Jahr „bloß“ für eine Sippe von Eifeler und Öslinger Bauern, für rechtschaffene Leute, die auf der eigenen Scholle lebten (viele Nachkommen ergriffen später andere Berufe) und sich im 19. und 20. Jahrhundert im Kreis Bitburg-Prüm (Deutschland) sowie im Großherzogtum Luxemburg vermehrten. Für eine Familie demnach wie viele andere, deretwegen über den privaten Bereich hinausgehende Nachforschungen anzustellen, sich aber kaum lohnen würde.
Seit mein Bruder Jean, Anfang der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, nach jahrelangen Nachforschungen, u. a. in den im Diekircher Gerichtsgebäude aufbewahrten Archiven mit den Geburts- Heirats- und Sterbeakten des Distrikts Diekirch und vor allem im Bistumsarchiv Trier, einen Dimmer-Stammbaum erstellt hatte, war mir allerdings aufgefallen, dass der darauf eingetragene „Stammvater“ nicht Dimmer, sondern ... Diemer hieß. Es handelte sich dabei um den vierfachen Urgroßvater Johann Diemer, „aus“ Enzen (Südeifel), als dessen Geburtsjahr 1715 im Register der Pfarrei „Nusbaum-St. Peter“ angegeben wird. Dieses Jahr hatte man errechnet aufgrund einer späteren Volkszählung. Dass das genaue Geburtsdatum in Nusbaum nicht bekannt war, liegt an dem Umstand, dass Johann Diemer aus dem nur einen Kilometer entfernten Halsdorf (heute Verbandsgemeinde Bitburg-Land) stammte, welches jedoch der Pfarrei Mettendorf angehörte. Und Nachforschungen im dortigen Familienregister haben ergeben, dass sein Geburtstag der 26. Juli 1716 gewesen sein muss.

Die Dimer- und Dimmer-Nachkommen von Johann Diemer

Johann Diemer ehelichte die Anna Caspar/Gasber (den Nachnamen Gasper gibt es heute noch in Stockem bei Halsdorf) vor 1752, denn ihr erstes von fĂĽnf Kindern, die Tochter Anna Maria, wurde am 7. Oktober 1752 in Enzen, Pfarrei Nusbaum, geboren. Dort sollte auch der einzige Sohn des Paares, Jakob, der dreifache UrgroĂźvater des Schreibers, am 9. Oktober 1752, das Licht der Welt erblicken.
Jakob Diemer heiratete am 15. Februar 1790 in Olmscheid (Neuerburg) die von dort stammende Anna Zinnen. In seinem „Sterb-Akt N. 3 / 1817“, aber liest man, Jakob Dimer, sei am 24. Januar 1817 verstorben zu Olmscheid „im Kanton Artzfelt (heute Arzfeld), im Kreise Prüm“. Dies ist die erste mir bekannte, amtlich beurkundete Falsch-Schreibung des Nachnamens meiner Diemer-Vorfahren, und nur bezüglich der Entwicklung der Schreibweise von deren Patronym erkläre ich mich in der Lage, für die hier aufgestellten Behauptungen alle erforderlichen Belege beizubringen.


Auszug aus der Heiratsurkunde meines Ur- Urgroßvaters Johann Dimer, welcher am 10. Januar 1830 die Magdalena Turmes aus Untereisenbach auf dem Standesamt in Hosingen ehelichte. Drei Jahre später, 1833, wurde auf demselben Standesamt, der erste Sohn des Ehepaares als Peter Dimmer in die Geburtsurkunde eingetragen. Und damit war, nach zwei orthographischen Mutationen, aus dem Nachnamen Diemer mein Familienname Dimmer entstanden. Wobei es bis zum heutigen Tag bleiben sollte ...

Das Ehepaar Di(e)mer-Zinnen hatte insgesamt acht Kinder, denen man möglicherweise bereits in Olmscheid, also Ende des 18. bzw. Anfang des 19. Jahrhunderts den „neuen“ Nachnamen DIMER verpasste. Jedenfalls wurde der am 10. Dezember 1801 in Olscheid geborene Sohn Johann, mein Ur-Urgroßvater, der, nachdem die Westeifel 1815 an Preußen gefallen war, die Magdalena Turmes aus Untereisenbach am 10. Januar 1830, auf dem Standesamt in Hosingen ehelichte, als Johann Dimer in die Heiratsurkunde eingetragen. Bürgermeister war damals ein gewisser Jean Baptiste Pondrom. Drei Jahre später jedoch, als derselbe Johann Dimer die Geburt seines Sohnes Peter, meines Urgroßvaters, auf dem Standesamt in Hosingen meldete, wurde dieser vom genannten Bürgermeister, als Peter ... Dimmer registriert. Damit war die zweite orthographische Mutation des Nachnamens Diemer unterlaufen und sollte fortan nicht mehr korrigiert werden, mochte Johann Dimer auch die Geburtsurkunden all seiner Kinder (sechs an der Zahl) mit seinem „richtigen“ Namen „Dimer“ (welcher ja auch bereits „gefälscht“ worden war) unterschreiben.
Als Resultat der falschen Schreibweise gibt es im heutigen Großherzogtum keinen einzige Diemer, aber, laut „Online-Kartierung-Luxemburgischer Familiennamenatlas“, welche die „Universitéit Lëtzebuerg“ vor kurzem ins Netz gestellt hat, 72 Dimmer. Und die dürften nahezu alle auf den Zweigen des erwähnten Dimmer-Stammbaums hocken, handelt es sich doch um mehr oder weniger nahe Verwandte. Dasselbe gilt für die im „Familiennamenatlas“ im Kreis Bitburg-Prüm registrierten Dimmer.
Als etymologische Erklärung für den „luxemburgischen“ Familiennamen Dimmer liest man in besagtem Atlas, dies sei ein „Übername zu lb. Dimmer `Donner, Gewitter`, möglicherweise für einen aufbrausenden Charakterzug“. – Ein solcher dürfte sich bei der Lektüre der erwähnten Unterstellung („möglicherweise“) tatsächlich bei so manchem Namensvetter manifestieren, und es stellt sich die Frage, ob die Verantwortlichen des neuen Atlanten nicht gegen bestimmte Paragraphen (443: „Diffamations“, resp. 448: „Injures“) unseres „Code Pénal“ verstoßen. – Als „möglicherweise“ beleidigter Dimmer hegt der Schreiber allerdings vorläufig keinerlei böse Absichten ...
Vielmehr können wir als Luxemburger den für das Zustandekommen dieses Familiennamenatlasses, dem Leiter des Projektes, Prof. Dr. Peter Gilles, und vor allem seinen Mitarbeitern Dr. Cristian Kollmann und Dr. Claire Müller, dankbar sein für die innerhalb der vergangenen drei Jahre (2009-2012) geleistete Arbeit, welche als wichtiger sozio-kultureller Beitrag zum besseren Verständnis unserer „luxemburgischen“ Identität zu werten ist. – Dass sich in ihrer „Suppe“ das eine oder andere Haar finden lässt, soll an dieser Feststellung nichts ändern.

Länderübergreifende etymologische Erklärung für den Nachnamen Dimmer wünschenswert
Das „Haar in der Suppe“, das der Schreiber im neuen Familiennamenatlas gefunden hat, betrifft die etymologische Erklärung des angeblich „luxemburgischen“ Nachnamens Dimmer, so als sei derselbe endemisch und innerhalb der engen Landesgrenzen des heutigen Großherzogtums entstanden. Die im Atlas angegebene Erklärung: „Übername zu Donner und Gewitter“ wurde bereits zitiert und kann auch zutreffen, sofern man in den luxemburgischen und den grenznahen Eifeler Dimmer weitläufige Verwandte der angelsächsischen Namensvettern sieht: In England gibt es den Nachnamen Dimmer schon seit fast tausend Jahren. Von dort aus hat er sich nach Irland und Schottland ausgebreitet. Auch in den Niederlanden gab es reichlich Dimmer.
Offenbar kamen die ersten englischen Dimmer aus der Bretagne und der Normandie und sind nach der Eroberung Englands durch die Normannen (1066) dorthin gelangt: Der erste urkundlich erwähnte Vorfahre der angelsächsischen Dimmer war Robert Dimars, dessen Name 1220 im „Berkshire Book of Fees“ auftaucht: Damals regierte in England König Henry III., genannt „The Frenchman“.
Diese Spur lässt sich verfolgen, und es wäre wahrhaft keine Schande, ein englischer Dimmer zu sein. Doch geriete man mit Nachforschungen in diese Richtung wahrscheinlich auf eine falsche Fährte, um die biologischen Vorfahren der einheimischen Dimmer ausfindig zu machen.

Weitaus logischer scheint jedenfalls, ausgehend von den Halsdorfer Diemer (von denen der Schreiber abstammt), die es dort nachweislich bereits 1576 gab, eine genetische Spur zu finden zu den Diemer aus der Pfalz und dem nördlichen Elsass, aus Württemberg, aus Franken und Thüringen. Denn Nachforschungen im Internet haben ergeben, dass die Familien Diemer und Diemar (zwei Varianten desselben Namens) hergeleitet sind vom althochdeutschen (ahd.) Rufnamen Thiotmar (thiot = Volk; mar = berühmt), woraus sich die Nachnamen Diemar/Diemer ergaben.
Bezüglich dieser zweiten Möglichkeit, die richtige etymologische Erklärung für den Nachnamen Dimmer/Dimer/Diemer zu finden, habe ich mit Dr. Kollmann mehrmals mündlich und brieflich korrespondiert: Herr Kollmann neigt dazu, den alten Halsdorfer Familiennamen Diemer für ein regionales „Produkt“ zu halten, schließt aber auch den „Import“ desselben nicht völlig aus. Dann allerdings müssten die Halsdorfer Diemer bereits vor 1576 aus einer anderen deutschen Region dorthin gelangt sein. Was der Schreiber allerdings auch vermutet, lebten die Diemer doch schon damals auf einem Stockgut, welches ihnen von den Viandener Grafen anvertraut worden war.
Die damaligen „Viandener“ Grafen aber lebten, als Prinzen von Oranien, Grafen zu Nassau, Diez und Katzenelnbogen etc., nicht im Städtchen an der Our. Katzenelnbogen? - Hier beißt sich die Katze möglicherweise in den Schwanz, denn in den „Urkunden der Familie v. Gemmingen zu Fränkisch-Crumbach“ liest man u. a. in einem solchen, auf den 23. September 1347 datierten Dokument: „Graf Wilhelm von Katzenelnbogen kauft ein Viertel an dem Haus zu Rodenstein ...“ Als Siegler werden benannt: „Abt Diether von Prüm, unser Bruder Eberhart (von Katzenelnbogen), die Edelknechte (andere Bezeichnung für Freiherren: Anmerkung der Red.) Diemar von Rohrbach und Diemer von Ullenbach.“
Diese Tatsache ist sicherlich kein Beweis, dass die „Viandener“ Herrschaft einem Diemer im 16. Jahrhundert in Halsdorf ein Stockgut anvertraut hat, aber einen Hinweis dafür könnte man allemal darin sehen.
Und es gibt noch ein weiteres Indiz, welches die Halsdorfer Diemer mit anderen Vertretern dieser uralten fränkischen (?) Familie in Verbindung bringt: das Tatzenkreuz des Deutschen Ordens zwischen den Querbalken des zu den Kulturdenkmälern in der Region Trier zählenden Grabkreuzes des Halsdorfer Stockguts „an Diemisch“.
Doch auf diese Geschichte hier einzugehen, würde den Rahmen des Artikels sprengen, da darin lediglich die Bedeutung und das Zustandekommen der heutigen Schreibweise des „luxemburgischen“ Familiennamens Dimmer erörtert werden sollten ...
Albert Diemer/Dimer/Dimmer
Email:
dial(at)pt.lu
Photos: A.D.
 

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